Kastration

Kastration beim Hund - Ja oder Nein?

„Soll ich meinen Hund kastrieren lassen?“ – Diese Frage beschäftigt viele Hundehalter. Es gibt dazu keine pauschale Antwort, denn jeder Hund ist individuell. Während Kastration in manchen Ländern zur Routine gehört, ist sie in Deutschland laut Tierschutzgesetz nur bei medizinischer Notwendigkeit erlaubt. Doch was bedeutet das für dich und deinen Hund?

Eine Kastration ist ein operativer Eingriff, bei dem die Keimdrüsen entfernt werden. Neben den generellen Risiken, die jede Narkose und Wundheilung mit sich bringt, hat eine Kastration weitreichende Auswirkungen auf den Hormonhaushalt – und damit auf den gesamten Körper und das Verhalten. Die Entscheidung sollte also nicht leichtfertig getroffen werden.

Mögliche Auswirkungen einer Kastration

  1. Veränderungen im Hormonhaushalt: Die Sexualhormone steuern nicht nur die Fortpflanzung, sondern beeinflussen auch Stoffwechsel, Knochenbau, Fellqualität und sogar die Psyche. Ein Eingriff in dieses System kann weitreichende Folgen haben – positive wie negative.

  2. Inkontinenz: Kastrierte Hündinnen haben ein erhöhtes Risiko, inkontinent zu werden. Vor allem größere Rassen sind betroffen. Das liegt daran, dass die Hormone den Schließmuskel der Blase beeinflussen. Inkontinenz kann oft mit Medikamenten behandelt werden, ist aber für Hund und Halter eine Herausforderung

  3. Krebsrisiko: Häufig wird mit dem Argument kastriert, dass das Risiko für Mammatumore und Gebärmuttererkrankungen gesenkt wird. Was dabei jedoch häufig außer Acht gelassen wird, ist das steigende Risiko für alle andere Krebsarten, z. B.
    Milztumore oder Osteosarkome (Knochenkrebs). Viele dieser Krebsarten werden meist erst erkannt, wenn es bereits zu spät für eine Behandlung ist, während bei Mamatumoren und Gebärmutterkrankungen häufig noch rechtzeitig gehandelt werden kann. Es ist also eine Abwägung: Welche Krebsarten sind in der Rasse deines Hundes häufiger? Wie groß ist das individuelle Risiko?

  4. Autoimmunerkrankungen: Einige Studien zeigen, dass kastrierte Hunde anfälliger für Autoimmunerkrankungen sind. Diese
    können Gelenke, Haut oder innere Organe betreffen und erfordern oft eine lebenslange Behandlung.

  5. Gewichtszunahme: Viele kastrierte Hunde nehmen zu. Das liegt zum einen am veränderten Stoffwechsel, zum anderen daran, dass einige Hunde nach der Kastration einen gesteigerten Appetit entwickeln. Mit der richtigen Fütterung und genügend Bewegung lässt sich das aber gut managen.

  6. Verhaltensänderungen: Das ist wahrscheinlich der Punkt, über den am meisten diskutiert wird. Manche Hunde werden nach der Kastration entspannter – andere unsicherer oder sogar aggressiver. Wichtig ist: Eine Kastration ist keine „Lösung“ für Verhaltensprobleme! Besonders ängstliche Hunde können durch den Eingriff noch unsicherer werden. Hier sollte man gut abwägen und sich gegebenenfalls von einem Verhaltensexperten beraten lassen.

Wann ist eine Kastration sinnvoll?

Manchmal gibt es klare medizinische Gründe für eine Kastration, zum Beispiel:

  1. Gebärmutterentzündung (Pyometra): Eine lebensgefährliche Erkrankung, bei der eine Kastration oft die einzige Rettung ist.

  2. Starke Läufigkeitsprobleme: Manche Hündinnen leiden unter extremem Stress, starkem Scheinschwangerschaftsverhalten oder anhaltenden hormonellen Schwankungen.

  3. Starker Stress bei läufigen Hündinnen in der Umgebung: Einige Rüden stehen unter starkem Stress, wenn in der Umgebung eine läufige Hündin wohnt. In der Stadt kann das dauerhaften Stress bedeuten, so dass eine Kastration eine sinnvolle Option zum Wohle des Hundes sein kann. Die meisten Rüden können jedoch mit der richtigen Erziehung lernen trotz läufiger Hündinnen entspannt zu bleiben.

  4. Hodenhochstand (Kryptorchismus): Wenn bei Rüden ein oder beide Hoden nicht in den Hodensack abgestiegen sind, verbleiben sie im Bauchraum oder im Leistenkanal. Dies erhöht das Risiko für Tumore erheblich, weshalb eine Kastration in solchen Fällen medizinisch notwendig ist.

Der richtige Zeitpunkt für die Kastration

Falls du dich für eine Kastration entscheidest, ist das Timing wichtig. Hunde durchlaufen eine hormonelle Entwicklung, die bis zum dritten Lebensjahr andauert. Gerade in der Pubertät zeigen viele Hunde schwieriges Verhalten – das heißt aber nicht, dass eine Kastration die Lösung ist. Eine frühe Kastration kann sogar das Gegenteil bewirken: Fehlende Hormone können dazu führen, dass der Hund unreif bleibt – sowohl körperlich als auch mental!

 Ähnlich wie bei Menschen durchlaufen Hündinnen einen hormonellen Zyklus. Eine Kastration kurz vor oder direkt nach der Läufigkeit kann dazu führen, dass die Hündin dauerhaft attraktiv für Rüden riecht. Man sollte daher mindestens zwei Monate nach der letzten Läufigkeit abwarten, damit der Hormonspiegel im sogenannten Anöstrus am niedrigsten ist.

Der Hormonchip - eine Alternative zur Kastration?

Der sogenannte Hormonchip (Suprelorin-Implantat) ist eine Möglichkeit, den Hund vorübergehend hormonell „chemisch zu kastrieren“. Er gibt kontinuierlich ein Hormon ab, das die Produktion von Testosteron unterdrückt, sodass der Hund für mehrere Monate unfruchtbar wird.

Der Hormonchip hat einige Vorteile: Es ist keine Narkose notwendig und auch die Wundheilung entfällt. Je nach Dosis lässt die Wirkung nach 6-12 Monaten nach, und der Hund wird wieder hormonell aktiv. Falls sich die Kastration negativ auf das Verhalten auswirkt, lässt es sich also wieder rückgängig machen, was gerade bei unsicheren oder reaktiven Hunden wichtig ist.

Es gibt jedoch auch einige Nachteile: In den ersten Wochen nach dem Setzen des Chips kann es zu einem Testosteron-Anstieg kommen. Rüden können dadurch zunächst aufgedrehter oder territorialer werden, bevor die Wirkung einsetzt. Zudem ist es kein 100%iger Schutz um einen Wurf zu vermeiden! 

Wann kann ein Hormonchip sinnvoll sein?

  • Wenn man sich nicht sicher ist, ob eine Kastration die richtige Entscheidung ist.
  • Wenn eine Kastration aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich ist.

Fazit

Die Entscheidung zur Kastration ist individuell und sollte gut überlegt sein. Sie kann gesundheitliche Vorteile haben, birgt aber auch Risiken. Wichtig ist, sich ausführlich zu informieren, den eigenen Hund genau zu beobachten und gemeinsam mit einem erfahrenen Tierarzt eine fundierte Entscheidung zu treffen.